Mehrere Likörgläser

Trinken

Hochprozentiges

Die Herstellung von hochprozentigem Alkohol ist seit Jahrtausenden bekannt, die Mönche des Mittelalters perfektionierten die Produktion. In der Industrialisierung wurde Schnaps dann zur Droge der Arbeiterschicht und zum gesellschaftlichen Problem.

Von Alfried Schmitz

Destillation mit langer Geschichte

Schon im Altertum verstanden sich Sumerer, Ägypter, Griechen, Germanen und Römer auf die Herstellung von Wein und Bier. Sie waren dabei sowohl vom Geschmack angetan als auch von der berauschenden Wirkung.

Der griechische Arzt und Gelehrte Hippokrates, der etwa von 460 bis 377 vor Christus lebte, wusste um die Existenz eines bestimmten berauschenden Stoffes im Wein, kannte aber noch kein Verfahren, um diesen zu isolieren.

Auch aus China im Zeitalter der Tang-Dynastie (zwischen 906 bis 618 vor Christus) und aus dem arabischen Kulturbereich um das Jahr 900 gibt es Aufzeichnungen, die belegen, dass sich die Menschen damals mit dem Destillationsverfahren beschäftigten.

Interessanterweise stammt auch das Wort Alkohol ("al khol") aus dem arabischen Sprachraum und bezeichnet etwas Reines und besonders Feines. Im Zusammenhang mit Hochprozentigem wurde es zum ersten Mal Anfang des 16. Jahrhunderts vom Arzt und Philosophen Paracelsus angewendet. Er stellte Branntwein her, um ihn für sein spezielles Heilverfahren zu verwenden.

Holzschnitt: Paracelsus

Der Arzt Paracelsus setzte Branntwein als Heilmittel ein

Heilwasser und Rauschmittel

Im 12. Jahrhundert fand man nach vielen Versuchen heraus, wie man die leicht flüchtigen alkoholischen Bestandteile des Weines durch Destillieren binden konnte.

Das Verfahren, durch Erhitzen, Verdampfen und Kondensatbildung den Alkoholbestandteil zu gewinnen und zu konzentrieren, hat sich seitdem nicht wesentlich verändert. Die Brennapparaturen sind heute natürlich ausgereifter und effektiver als damals.

Einer der Pioniere auf dem Gebiet der Alkoholdestillation war der deutsche Hochschullehrer und Gelehrte Albertus Magnus (1193-1280). Seine umfangreichen naturwissenschaftlichen Kenntnisse und Forschungen auf dem Gebiet der Chemie brachten ihn allerdings bei manchen seiner Zeitgenossen in den Ruf, ein Hexer und Zauberer zu sein.

Mit kirchlichen Weihen kümmerte man sich hingegen in vielen Klöstern um die Technik des Brennens. Dabei ging es am Anfang vorrangig um die Herstellung von Heilmitteln.

Gemälde: Mittelalterliche Mönche beim Trinken

Die Mönche des Mittelalters verstanden sich auf die Herstellung alkoholischer Getränke

Aus dieser Zeit stammt auch die lateinische Bezeichnung "Aqua Vita", auf Deutsch "Lebenswasser" oder "Lebenselixier". Davon leitet sich auch der Name des berühmten nordischen Kümmelschnapses Aquavit ab.

Auch die Franzosen nennen ihre Obstbrände "Eau de vie". Und das gälische Wort "uisge beatha", das sich über die Jahrhunderte zu "uisce", "fuisce", "wiskie" und schließlich zu "Whisky" entwickelte, heißt nichts anderes als Lebenswasser. Bis heute gehalten haben sich auch die Namen hochprozentiger Liköre wie Benediktiner oder Chartreuse, die von ihrer Klostervergangenheit zeugen.

Gebrannt aus Obst und Korn

Die Menschen des Mittelalters waren fasziniert von diesem Stoff, den sie allerdings nur durch schwierige Verfahren gewinnen konnten. Alkohol sah aus wie Wasser, war aber in hoher Konzentration äußerst brennbar. Hinzu kam die heilende, keimtötende, konservierende und auch berauschende Wirkung, die Alkohol hatte.

Bei der Herstellung von Alkoholdestillaten, die zum Verzehr hergestellt wurden, ergab sich sehr früh ein geografisches Nord-Süd-Gefälle, das bis heute Bestand hat.

Der Anbau von Trauben und Obst im Süden Europas und Deutschlands brachte es mit sich, dass die Menschen hochprozentige Schnäpse aus Wein brannten, beziehungsweise aus den Rückständen, die bei der Weinherstellung anfielen: Trester, Marc, Weinbrand, Grappa. Auch der Obstbrand aus Äpfeln, Birnen oder Pflaumen hat seit dem späten Mittelalter in südlichen Gefilden eine lange Tradition.

Auf einer Obstplantage sieht man Bäume mit reifen Äpfeln verschiedener Sorten.

Äpfel eignen sich hervorragend zur Herstellung von Obstbrand

In den nördlichen Regionen nutzte man dagegen eher Getreide, Kartoffeln und Rüben zur Schnapsgewinnung. Eine erste literarische Erwähnung findet Kornbranntwein Ende des 16. Jahrhunderts in einer deutschen Schrift. Man kann aber davon ausgehen, dass es schon einige hundert Jahre früher in Irland einen Vorläufer des Whiskys gab.

Billige Droge und Prohibition

Über die Jahre wurden die Destillationsapparaturen immer weiter verbessert und natürlich nicht nur für die Erzeugung von alkoholhaltigen Getränken verwendet.

Das physikalisch-chemische Verfahren wurde auch für die aufkeimende Industrie immer wichtiger. Teer, Quecksilber, Mineralsäuren oder Schwefel konnten auf diese Weise gewonnen werden. Und auch Seeleute nutzten die Kenntnisse von Erhitzung und Kondensierung dazu, salzhaltiges Meerwasser genießbar zu machen.

Damit einher ging im 17. und 18. Jahrhundert die ständig steigende Produktion und der steigende Konsum von Branntwein und Kornbränden. Man nutzte die enthemmende Wirkung der hochprozentigen Brände sogar zu Kriegszwecken. Vor den Schlachten flößte man den Soldaten Schnaps ein. Der Alkohol sollte ihnen Mut machen.

Berauscht wurden sie so zu blutrünstigen Kämpfern, die weder auf ihr eigenes noch auf das Leben des Feindes Rücksicht nahmen. Eine Strategie, die sich lange hielt.

Zu einer hohen Missbrauchsrate von hochprozentigen Getränken kam es während der Industriellen Revolution im 19. Jahrhundert: Alkohol wurde zur billigen Droge der Arbeiterschicht und damit zum gesellschaftlichen Problem. Viele Menschen versuchten damit dem harten Alltag und den Sorgen zu entfliehen. Doch der Rausch brachte keine Lösung, sondern oft den vollkommenen sozialen Abstieg.

Durch Besteuerung, Verbote und gesundheitliche Aufklärung versuchten die staatlichen Behörden dem Alkoholkonsum entgegenzuwirken. In den USA kam es in den 1920er-Jahren zum Totalverbot, der so genannten Prohibition. Zu dieser Zeit blühte der Schwarzmarkt mit Alkohol und machte den Mafiaboss Al Capone zum Millionär.

Schwarzweiß-Fotografie: Männer schütten ein Fass aus

Die New Yorker Polizei hebt eine Schwarzbrennerei aus

Brennen nach strengen Regeln

Etwa zur gleichen Zeit wurde in Deutschland im April 1922 das Branntweinmonopolgesetz erlassen, das mit einigen Änderungen noch heute gilt. Mit dem Gesetz versucht man die Herstellung von Alkohol zu kontrollieren und einzuschränken.

Geregelt werden darin nicht nur die für Alkohol fällige Steuerhöhe, sondern auch Produktionsmengen und die Vergabe von Brennrechten. Der Ausstoß von reinem Alkohol ist bei Kleinbrennern auf 300 Liter reinen Alkohol begrenzt. Überwachende Behörde ist das Zollamt.

Da Alkohol auch ein wichtiger Rohstoff für bestimmte Wirtschaftszweige ist, dient das Gesetz ebenfalls zur Gewährleistung einer optimalen Versorgung nach Güte und Menge zu günstigen Preisen.

Eine Frau in Schutzkleidung schüttet eine Flüssigkeit in einen Kupferkessel

Heute wird nach strengen gesetzlichen Vorgaben gebrannt

Strengen Bestimmungen, zum Teil auf EU-Ebene, unterliegen auch Beigabe von Zucker und Farbstoff, Mindest- und Höchstalkoholanteil, Sorten und Herkunftsbezeichnungen. Danach darf zum Beispiel nur der Weinbrand Cognac genannt werden, der auch wirklich in dieser französischen Region hergestellt wird.

Die Palette der im Inland hergestellten und aus dem Ausland eingeführten Produkte ist mittlerweile unüberschaubar. Sie reicht von preiswerten Produkten aus industrieller Massenproduktion bis hin zu teuren Luxustropfen aus kleinen Brennereien, die höchsten Qualitätsansprüchen gerecht werden.

Ob billiger Schnaps oder edler Tropfen, die Arbeit in den Brennereibetrieben erfordert viele Kenntnisse. Destillateur ist ein staatlich anerkannter Lehrberuf, die Ausbildung dauert drei Jahre.

(Erstveröffentlichung 2009. Letzte Aktualisierung 21.09.2018)

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Quelle: WDR

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