Die Entdeckung der periodischen Wiederkehr
Seinen Namen verdankt der Halleysche Komet dem englischen Naturwissenschaftler und Universalgenie Sir Edmund Halley. Schon mit 21 Jahren kartierte Halley als erster den südlichen Sternenhimmel. 1705 machte er sich daran, auf der Grundlage der von Sir Isaac Newton entwickelten Gravitationsgesetze die Bahnen von 24 bis dahin bekannten Kometen zu berechnen.
Halley ging einer Theorie des französischen Astronomen Jean-Dominique Cassini nach. Dieser vermutete, dass es sich bei bestimmten historischen Kometenbeobachtungen immer um ein und denselben Kometen handelte. Beim Vergleich der Bahnelemente der Kometen von 1531, 1607 und 1682 fand Halley erstaunliche Ähnlichkeiten.
Die Neigung dieser Bahnen zur Ekliptik (der Ebene unseres Planetensystems), die Entfernung der Kometen zur Sonne beim Durchgang durch das Perihel (dem der Sonne am nächsten liegende Punkt auf der Umlaufbahn) und der Knotenpunkt, an dem diese Kometen die Ekliptik kreuzten, wiesen alle ähnliche Daten auf.
Daraus und aus dem Muster der Erscheinungsdaten schloss Halley auf eine periodische Wiederkehr und sagte das Erscheinen des Kometen für das Jahr 1758 voraus. Er selbst konnte seine Theorie nicht mehr überprüfen, doch auf der ganzen Welt warteten Wissenschaftler und gebildete Laien auf das Erscheinen des Kometen.
Dem sächsischen Bauern und Amateurastronom Johann Georg Palitzsch gelang am 25. Dezember 1758 die Entdeckung des Kometen, der heute Halleys Namen trägt.
Angst vor dem tödlichen Kometenschweif
Doch nicht zu jeder Zeit wurde der Halleysche Komet mit rein naturwissenschaftlichem Interesse beobachtet: 1066 litt Europa unter instabilen politischen Verhältnissen. In England musste sich König Harold II., kaum dass er den Thron bestiegen hatte, gegen William den Eroberer zur Wehr setzen.
Harolds Tod in der Schlacht von Hastings fiel zusammen mit der Wiederkehr des großen, weithin sichtbaren Kometen, der später Halleys Namen tragen sollte. Wieder einmal schien ein Komet seinem Ruf als Vorbote kommenden Unheils gerecht geworden zu sein.
Bei seiner Wiederkehr im Jahr 1910 löste der Halleysche Komet sogar eine weltweite Massenpanik aus. Ende des 19. Jahrhunderts hatte der Astronom William Huggins bei Untersuchungen festgestellt, dass sich im Licht von Kometenschweifen die Spektrallinien für Kohlenstoffverbindungen nachweisen ließen. Unter anderem wurden auch Spuren von Cyan gefunden, das in der Verbindung mit Kalium das hochgiftige und tödliche Gas Zyankali ergibt.
Als es nun so aussah, dass die Erde 1910 in den riesigen Schweif des Halleyschen Kometen geraten würde, waren die Menschen wochenlang in Panik. In Konstantinopel (dem heutigen Istanbul) standen 100.000 Menschen in Nachtgewändern auf den Dächern, in Chicago verstopften die Hausbewohner alle Tür- und Fensterfugen mit Lappen, und Papst Pius X. verurteilte das Hamstern von Sauerstoffflaschen. Alle Welt fürchtete den Tod durch Giftgas.
Als der Komet dann vorüberzog, zeigten die Messgeräte nicht die geringste Spur von Cyanid: Die Gasdichte von Kometenschweifen ist viel zu gering. Selbst wenn Moleküle aus einem Kometenschweif durch die Erdatmosphäre gelangen könnten, blieben sie unbemerkt. Die Luftverschmutzung hier unten ist um ein Vielfaches größer.
So groß wie der Chiemsee
Neben seiner Entdeckungsgeschichte und den Reaktionen auf sein Erscheinen machen den Halleyschen Kometen auch andere Dinge so interessant. Er besitzt mit einer Neigung um 18 Grad zur Ekliptik eine sehr regelmäßige Umlaufbahn und ist, selten für Kometen, gegenläufig zur Laufrichtung der Planeten durch unser Sonnensystem unterwegs.
Sein Kern zählt mit annähernd 16 mal 8 mal 8 Kilometern zu den größten bekannten Kometenkernen (in etwa die Größe des bayerischen Chiemsees).
Schon Edmond Halley bemerkte, dass die durchschnittliche Periode seiner Wiederkehr und die Werte seiner Bahnelemente stärker schwankten, als sich mit Messungenauigkeiten erklären ließ: der Zeitraum zwischen den Erscheinungen von 1531 und 1607 war mehr als ein Jahr länger als der Zeitraum zwischen den Erscheinungen von 1607 und 1682.
Halley zog daraus den richtigen Schluss, dass die Bahn des Kometen mit seiner vergleichsweise geringen Masse durch die Gravitationskräfte der großen Planeten verändert wurde. Heute wissen wir, dass auch nichtgravitative Kräfte wie das Ausströmen der Gase in Sonnennähe, die wie ein Raketentriebwerk wirken, eine Rolle bei den Bahnänderungen spielen.
Bilder aus nächster Nähe
Durch Raumsonden, die dem Halleyschen Kometen bei seiner Wiederkehr 1986 entgegen geschickt wurden, wurden Bilder aus nächster Nähe möglich: VEGA-1 und VEGA-2 wurden vom Weltraumbahnhof Baikonur in der damaligen UdSSR gestartet und lieferten aus einer Entfernung von rund 8000 Kilometer (VEGA-2) erstmals Bilder von der Koma, von den Schweifen und von der Struktur eines Kometenkerns.
Erstmals waren deutlich seine nahezu punktförmigen und zum Teil miteinander verbundenen aktiven Gebiete und die von der Oberfläche ausgehenden "Jets" aus Gas und Staub zu erkennen. Die Messdaten der beiden japanischen Sonden Suisei und Sagikake brachten Hinweise, dass der Kometenkern mit einer Periode von 2,2 Tagen um die eigene Achse rotiert.
Die spektakulärsten Ergebnisse aber funkte die Raumsonde GIOTTO der europäischen Raumfahrtbehörde ESA zur Erde, als sie sich Halley am 14. März 1986 auf ungefähr 600 Kilometer annäherte. Mit mehreren Kameras und Messinstrumenten ausgerüstet, lieferte sie hochwertige Bilder mit einer Auflösung bis zu 100 Metern.
Bei ihrem Vorbeiflug mit 68 Kilometer pro Sekunde wurde die Sonde leider von einem ein Millimeter großen Staubkorn getroffen und so gestört, dass keine weiteren Bilder mehr zur Erde gefunkt werden konnten.
(Erstveröffentlichung 2002. Letzte Aktualisierung 10.12.2019)