Tiefsee

Tiefsee und Klima

Ozeane und Atmosphäre stehen in enger Wechselbeziehung. Prozesse in der Tiefsee haben direkte Folgen für unsere Atmosphäre. Denn ständig wandern auch Teilchen hin und her: Wassertropfen, Sauerstoff, Kohlendioxid oder Methan.

Von Dirk Beppler

Meeresströmungen und Klima sind eng vernetzt

Würde der Golfstrom kein warmes Wasser mehr in unsere Regionen bringen, würden die Lufttemperaturen in Europa gewaltig fallen. Auch eine Veränderung der Strömungsrichtung des Golfstroms hätte für uns in Europa gravierende Folgen: Dann könnte eine neue Eiszeit drohen.

Jede Veränderung in der Tiefsee könnte dramatische Folgen haben. Aber es funktioniert auch anders herum: Fallen zum Beispiel die Temperaturen in der Luft, führt das an manchen Stellen zu mehr Regen.

Mehr Regen im Ozean verringert hier den Salzgehalt, die Dichte des Salzwassers nimmt ab, das salzige Wasser wird etwas leichter. Tatsächlich kommt dann der Golfstrom ins Trudeln, denn der wird angetrieben von kaltem, schwerem Salzwasser, das in die Tiefe sinkt. Manche Verbindungen verweilen mehrere Tausend Jahre im Ozean, bevor sie wieder auftauchen.

Ozeane können so als Speicher dienen. Genau das wollen Forscher in Zukunft vielleicht ausnutzen. Sie wollen Kohlendioxid in großen Mengen im Ozean einlagern und so das Treibhausgas aus der Atmosphäre bannen. Kohlendioxid wirkt als Treibhausgas und heizt der Erde an. Zu welchen Effekten das in der Tiefsee führen könnte, ist jedoch immer noch nicht ganz geklärt.

Beeinflussen sich wechselseitig: Ozeane und Atmosphäre | Bildquelle: imago/blickwinkel

Der Motor des Golfstroms sitzt in der Tiefsee

Die Meeresströmungen durchziehen alle Ozeane der Erde. Nicht nur an der Oberfläche, sondern auch in der Tiefe ist das Wasser ständig in Bewegung. Der Motor dieser globalen Strömung sitzt im Nordatlantik und der Antarktis: Hier kühlt das Wasser ab, die Dichte nimmt dabei zu und das schwere, salzhaltige Wasser sinkt in 3000 bis 4000 Meter Tiefe ab und fließt als kalter Tiefseestrom zurück.

Ein kleiner Bestandteil dieser erdumspannenden, klimarelevanten Strömungen ist der Golfstrom. Trotzdem sind die Dimensionen gigantisch: Der Golfstrom befördert mehr als dreißig Mal soviel Wasser wie alle Flüsse der Welt zusammen.

Da der Golfstrom aus Äquatornähe kommt und warm ist, bringt er viel Wärme aus dem Golf von Mexiko mit. So wirkt er wie eine Zentralheizung für Europa. Wollte man die Wärmeleistung des Golfstroms durch die Leistung von Kernkraftwerken ersetzen, so bräuchte man etwa eine Million davon.

Da wird schnell klar: Fällt der Golfstrom weg, herrschen in Europa deutlich kühlere Temperaturen. Insofern war die Erforschung der Meeresströme schon immer ein Hauptgebiet der Tiefseeforschung.

Der Golfstrom bringt riesige Mengen warmes Wasser in unsere Breiten | Bildquelle: BR

Zeitbombe am Meeresboden? Methanhydrat

Methanhydrat entsteht, wenn das Treibhausgas Methan über Spalten aus dem Erdinneren entweicht und dann am Meeresgrund gefriert. Tiefe Temperaturen und der dort vorherrschende, enorme Druck sorgen für diesen Prozess. Als 1995 große Vorkommen von Methanhydrat vor der Küste Oregons entdeckt wurden, war die Euphorie groß.

Einige Forscher glaubten, alle Energieengpässe könnten damit gelöst werden, man müsse es nur an die Erdoberfläche befördern. Die Methanhydrat-Vorkommen sind riesig: Der Energievorrat ist doppelt so groß wie der der anderen Energieträger – Erdöl, Erdgas und Kohle – zusammen.

Doch die Goldgräberstimmung hielt nicht lange an, denn der Abbau des Hydrats gestaltet sich schwierig. In den oberen Wasserschichten wird es wärmer, der Druck nimmt ab, als Folge davon zersetzt sich das Methanhydrat um so schneller, je näher es an die Wasseroberfläche kommt.

Das Gas könnte in großen Blasen aufsteigen, wenn es nicht gelingt, den Zersetzungsprozess technisch unter Kontrolle zu bringen. Jeder Betriebsunfall bei der Förderung hätte fatale Folgen: Würde Methan ungehemmt in die Atmosphäre entweichen, würde es den Treibhauseffekt anheizen. Methan ist ein vierzig Mal wirksameres Treibhausgas als Kohlendioxid.

Vor 55 Millionen Jahren könnte Methan schon einmal einen globalen Klimakollaps ausgelöst haben. Methanhydrat befindet sich auch oft an den Kontinentalhängen und als diese damals im Zuge von Kontinentalplatten-Bewegungen abrutschten, wurden vermutlich schon einmal gewaltige Methanmengen freigesetzt. Laut Berechnungen ging es damals um die gewaltige Menge von 1000 Milliarden Tonnen.

Der Klimawandel setzt in den Meerestiefen Methan frei | Bildquelle: wdr