Touristenmagnet Zugspitze
Planet Wissen. 17.06.2024. 02:31 Min.. UT. Verfügbar bis 11.01.2029. WDR. Von Marco Rösseler.
Gebirge
Zugspitze
Für viele Bergsteiger ist es ein Muss, sie zu erklimmen: Mit 2962 Metern darf sich die Zugspitze "Höchster Gipfel Deutschlands" nennen. Im internationalen Vergleich bewegt sie sich damit im Mittelfeld.
Von Lothar Nickels
Ursprünglich ein Korallenriff
Kein anderer Berg in Europa wurde häufiger erklommen als die Zugspitze. Zum ersten Mal bezwang ihn 1820 Josef Naus. Bis zur Errichtung eines Gipfelkreuzes vergingen weitere 30 Jahre. Allmählich wurden es immer mehr Mutige, die den Gipfel erstürmten.
Die deutsch-österreichische Grenze verläuft zwischen dem West- und Ostgipfel der Zugspitze. Beide Länder geben die Höhe der Zugspitze aber unterschiedlich an. Die Österreicher beziehen ihre Messungen auf den Pegel der Adria. Damit ist für sie die Zugspitze 30 Zentimeter höher als für die Deutschen, die den Amsterdamer Pegel zugrunde legen.
Auf deutscher Seite liegen zwei von drei Gletschern des Zugspitzmassivs: der Höllentalferner und der Nördliche Schneeferner, der gleichzeitig der größte deutsche Gletscher ist.
Etwa 300 Quadratkilometer misst das Wettersteingebirge im nördlichen Teil der Kalkalpen. Darin gelegen sind insgesamt fünf große Gratketten, die alle im weitesten Sinne miteinander verbunden sind. Das Zugspitzmassiv ist die höchste.
Entstanden sind sie alle vor rund 200 Millionen Jahren aus kalkhaltigen Meeresablagerungen. Die Zugspitze selbst ist der Überrest eines erkalteten Korallenriffs.
Seit etwa 65 Millionen Jahren wandert die afrikanische Kontinentalplatte in Richtung europäischer Platte. Bis heute schiebt sie sich über die europäische Platte. An dieser Stelle hat sich das Gestein dachziegelartig überlagert oder gefaltet und tut es immer noch. Deshalb bezeichnet man die Alpen auch als Faltengebirge.
Bei gutem Wetter sind mehr als 300 Gipfel in Österreich, der Schweiz und Italien zu sehen. Der ganz in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen gelegene Eibsee und zahlreiche Naturschutzgebiete in den umliegenden Tälern vervollkommnen den Panoramablick. Neben Wintersportmöglichkeiten und Kletterangeboten lockt diese Vielfalt jährlich eine halbe Million Besucher aus aller Welt ins Alpenvorland.
Bei klarem Wetter hat man einen überwältigenden Ausblick
Voll ausgebaut: ein Berg mit Postleitzahl
Nicht nur die Tourismusbranche hat die Vorzüge der Zugspitzregion erkannt und sich zunutze gemacht. Auf dem Gipfel wurde im Jahr 1900 auf Initiative des Deutsch-Österreichischen Alpenvereins eine meteorologische Messstation erbaut.
1952 richtete der Deutsche Wetterdienst (DWD) hier eine Dienststelle ein. Sie gehört heute zu den weltweiten Klimamessnetzen "Global Atmosphere Watch" und "World Weather Watch". Stündlich werden unter anderem Daten zu Temperatur, Luftdruck, Windgeschwindigkeit oder auch Radioaktivität gesammelt. Der Vorteil für die Forscher ist die Unverfälschtheit, mit der sie ihre Messungen durchführen können.
Außerdem kommt es ihrer Arbeit entgegen, dass der Gipfel technisch hervorragend erschlossen ist. Beinahe so gut wie die Münchener Innenstadt. Es gibt kaum einen Berg, der da mithalten kann. Die Zugspitze hat sogar eine eigene Postleitzahl, die 82475.
Wer etwas auf sich hält, richtet seine Tagungen in einem der Konferenzräume aus. Künstler können ihre Werke sogar in einer Galerie auf der Zugspitze präsentieren. Und wer sich einfach nur stärken möchte, der muss sich ebenfalls keine Sorgen machen: Für das leibliche Wohl ist im "Panorama-Gipfelrestaurant" bestens gesorgt.
Die erste Seilbahn
Begonnen hat die Invasion durch den Menschen 1820 mit der Erstbesteigung durch Leutnant Josef Naus. Er sollte im Auftrag des "Topographischen Bureaus" von Bayern Vermessungen vornehmen. In den 1920er- und 1930er-Jahren lieferten sich Deutschland und Österreich dann einen Wettlauf, wer als Erster eine Seilbahn zur Zugspitze bauen könne.
1926 schafften das die Österreicher mit ihrer Tiroler Zugspitzbahn, die aber erst 1964 bis zum Gipfel reichte. Die Deutschen vollendeten ihre Bayerische Zugspitzbahn im Jahr 1930. Mit der Eibsee-Seilbahn wurde 1963 eine weitere Seilbahn, ebenfalls von Deutschland, in Betrieb genommen.
Seitdem transportieren täglich drei Bahnen Touristen – und alles, was sonst noch gebraucht wird – in die Höhe. Ende 2017 wurde die Eibsee-Seilbahn durch eine moderne Pendelbahn ersetzt, die in zwei Kabinen jeweils 120 Fahrgäste befördern kann.
Eine solche Infrastruktur bedeutet aber einen großen Eingriff in die Natur. Denn ursprünglich hatte die Zugspitze drei Gipfel. Im Jahr 1931 musste der Mittelgipfel für den Bau einer Seilbahnstation weichen.
Und weil die Nationalsozialisten die strategisch günstige Lage der Zugspitze für sich entdeckt hatten, ließen sie 1938 den Westgipfel sprengen. Dort sollte ein Flugsicherungsturm gebaut werden. Dazu kam es aber nie. Einzig der Ostgipfel ist heute noch in seinem Naturzustand erhalten.
Drei Seilbahnen transportieren die Besucher auf den Gipfel
Quelle: SWR | Stand: 14.04.2020, 07:50 Uhr