Skrupellose Ausbeutung
Eigentlich ist "Apartheid" ein harmloses Wort aus der Sprache Afrikaans und steht für Gesondertheit beziehungsweise Trennung. Es hat aber als Begriff einer Jahrzehnte dauernden strikten Rassentrennung in Südafrika seine Unschuld verloren. Apartheid steht für die systematische Unterdrückung einer nicht weißen Bevölkerungsmehrheit von rund 41 Millionen Menschen durch vier Millionen Weiße.
Immer zahlreicher wurden im Laufe des 20. Jahrhunderts die diskriminierenden Gesetze, die dazu führten, dass eine weiße Minderheit skrupellos eine schwarze Mehrheit unterdrücken und ausbeuten konnte.
Erst nach langen Jahren des Protestes und Widerstandskampfes zeichnete sich in den 1980er-Jahren eine Wende ab. Weiße und Schwarze bekämpften sich nicht mehr ausschließlich, sondern es fanden zunehmend Gespräche statt, um ein neues Südafrika aufzubauen.
Der Weg zwischen Krieg und Frieden, auf dem sich Südafrika bewegte, war schmal, aber es geschah das südafrikanische Wunder: Ein friedlicher Wandel fand statt. Nelson Mandela war der charismatische schwarze Führer, der das Land in eine neue Epoche führte. 1994 wurde er der erste schwarze Staatspräsident Südafrikas.
Anfänge der politischen Rassentrennung
Mit der Apartheid ist die Politik der konsequenten Rassentrennung gemeint, die bereits 1910 durch erste Gesetzgebungsmaßnahmen in der damals neu gegründeten Südafrikanischen Union begann. So wurden Schwarze mit dem "Mines and Works Act" 1911 verpflichtet, nur niedrige Arbeiten zu verrichten. Mit dem "Native Land Act" von 1913 wurden Siedlungsgebiete nur für Schwarze ausgewiesen. Zugleich wurde ihnen verboten, außerhalb dieser Gebiete Land zu erwerben.
Ihren Höhepunkt erreichte die Apartheid nach dem Zweiten Weltkrieg, angeheizt durch zahlreiche Streiks schwarzer Minenarbeiter. Schwarze Radikale gründeten 1944 den Widerstandsverband "ANC Youth League", eine Jugendorganisation des "African National Congress ANC". "Afrika ist das Land der Schwarzen", lautete ihr Motto. Gründungsväter waren unter anderem Nelson Mandela, Oliver Tambo und Walter Sisulu.
Weiße Nationalisten schürten im Gegenzug die Angst vor einer "swart gevaar", einer schwarzen Gefahr, und schwangen sich zu Führern des angeblich bedrohten Südafrikas auf. 1948 gewann die rassistische Partei Nationale Partei (NP) mit dieser Politik die Wahlen und verwandelte Südafrika endgültig in einen weißen Unrechtsstaat.
Isolierung der schwarzen Bevölkerung
Ab 1948 wurde das gesamte öffentliche Leben von einer strikten Rassentrennung gekennzeichnet, deren Einhaltung mit massiver Polizeigewalt durchgesetzt wurde. Ziel war es, die Rechte und Privilegien der weißen Minderheit zu schützen und zugleich billige schwarze Arbeitskräfte verfügbar zu haben.
Die Gründung sogenannter Homelands (formell unabhängige Stammesgebiete der Schwarzen) wie Transkei, Ciskei, Venda und KwaZulu sollte die Rassentrennung perfektionieren. Mit diesen Riesenghettos, in denen ausschließlich Schwarze leben durften, versuchte sich die südafrikanische Regierung vollständig der politischen, ökonomischen und sozialen Verantwortung zu entziehen.
Schülerunruhen in Soweto
Jede Opposition gegen die Apartheidpolitik galt als kriminelles Delikt und der südafrikanische Staat griff hart gegen jeglichen Widerstand durch.
Am 16. Juni 1976 kam es zur Eskalation. Schwarze Schulkinder in Soweto, einem Township südwestlich von Johannesburg, protestierten friedlich gegen die Einführung von Afrikaans statt Englisch als Unterrichtssprache. Die Polizei feuerte auf die Kinder. Bei dem Massaker starben 600 Menschen, ein Viertel von ihnen waren Kinder. Die Bilder sterbender Jugendlicher gingen um die Welt.
Die Vorfälle von Soweto erregten weltweit Empörung und in Südafrika eskalierte der Widerstand gegen die Apartheid zum offenen Bürgerkrieg. International wurde Südafrika durch UN-Sanktionen geächtet und isoliert, was im Laufe der Jahrzehnte die Kompromissbereitschaft der weißen Minderheit für allgemeine demokratische Wahlen begünstigte.
Das Ende der weißen Herrschaft
Im Lauf der 1980er-Jahre geriet die südafrikanische Regierung stärker unter innen- und außenpolitischen Druck. Das Ende der Apartheid war nicht mehr aufzuhalten. Die Reformen des neuen Präsidenten Pieter Willem Botha, der nach den Vorfällen von Soweto die Macht übernommen hatte und bis 1989 regierte, reichten aber nicht allzu weit.
Der charismatische Führer der Schwarzen, Nelson Mandela, war Mitte der 1980er-Jahre bereits seit mehr als 20 Jahren in Haft. Weltweit forderten Menschen seine Freilassung. Anfang der 1990er-Jahre musste die weiße Regierung dem internationalen Druck nachgeben. Mandela kam frei und übernahm sofort eine führende politische Rolle.
Als sich 1992 die weiße Minderheitsregierung unter dem weißen Ministerpräsidenten Frederik Willem de Klerk mit einem Reformprogramm durchsetzte, war die Regierungsbeteiligung der schwarzen Mehrheit nicht mehr zu stoppen.
Nach ersten freien Wahlen aller Südafrikaner wurde Nelson Mandela am 10. Mai 1994 für fünf Jahre erster schwarzer Ministerpräsident Südafrikas. Offiziell endete zwar das Apartheidsregime 1994, an den gravierenden sozialen und gesellschaftlichen Folgen werden jedoch noch viele südafrikanische Regierungen zu tragen haben.