Salz

Die königliche Saline von Arc-et-Senans

Im Osten von Frankreich befindet sich eines der eindrucksvollsten Bauwerke des Landes: die königliche Saline von Arc-et-Senans. Am Rande des Königwaldes von Les Chaux baute der Architekt Claude-Nicolas Ledoux im 18. Jahrhundert das Ideal einer industriellen Saline.

Von Tobias Aufmkolk und Sine Maier-Bode

Ein neues Bauwerk für eine alte Tradition

Die Salzgewinnung hat in der ostfranzösischen Region Franche-Comté eine lange Tradition. Schon in der Antike werden in den Orten Salins-les-Bains und Lons-le-Saunier Salinen betrieben. Im 18. Jahrhundert sind diese Anlagen jedoch wegen ihres hohen Alters und den ständigen Umbauarbeiten ziemlich unrentabel geworden. Eine neue Anlage muss her.

Der Architekt Claude-Nicolas Ledoux (1736-1806), seit 1771 Bevollmächtigter für die Salzbergwerke in der Franche-Comté und in Lothringen, übernimmt die Planungen. Auf einer Ebene am Rande des Königswaldes von Les Chaux soll eine neue, weitläufige Saline entstehen. 1775 gibt König Ludwig XVI. (1754-1793) den Startschuss für den Bau des prestigeträchtigen Komplexes.

Salinen sind zu dieser Zeit ein Symbol der staatlichen Macht. Gräben und Mauern umschließen sie, sodass Dieben und Schmugglern der Zugang fast unmöglich gemacht wird. Denn die Herstellung von Salz bedeutet nicht nur weltliche Macht, sondern vor allem gut gefüllte Staatskassen.

Ludwig XVI. will eine neue Saline | Bildquelle: akg

Der König setzt sich durch

Das Recht zur Salzförderung an den Solequellen von Salins liegt allerdings nicht mehr allein in der Hand des Königs. Knappe Staatskassen haben bereits Ludwig XV. (1710-1774) im Jahr 1773 dazu gezwungen, das Recht des Salzabbaus zu verpachten.

Ein Industriekonsortium unter der Führung von Jean-Roux Monclar hat die Rechte zur Salzförderung erworben und zeigt sich zunächst selbstbewusst. Monclar lehnt die Entwürfe des königlichen Architekten Claude-Nicolas Ledoux für die neue Salzsiederei ab.

Der nachfolgende König Ludwig XVI. setzt sich jedoch durch. Monclar bekommt die alleinige Betriebserlaubnis der Saline nur unter der Voraussetzung, dass Ledoux die Salzsiederei baut.

Claude-Nicolas Ledoux darf die Saline bauen | Bildquelle: akg

Ein imposantes Bauwerk

Ledoux legt den gesamten Komplex der neuen Saline halbkreisförmig an. Im Zentrum liegt direkt gegenüber dem Hauptportal das prächtige, quadratische Direktorenhaus. Auf beiden Seiten schließen sich die wichtigsten Gebäude, die eigentlichen Salzsiedereien an. Dazu kommen die Salzsteuergebäude, die Wohnungen der Arbeiter, Stallungen und Gärten.

Die gesamte Anlage hat einen Durchmesser von 225 Metern und ist vollständig von einem Mauerkranz umgeben. Ledoux folgt mit dieser Anlage dem absolutistischen Bauprinzip.

Das Haus des Direktors in der Mitte des Komplexes stellt nicht nur das geografische Zentrum, sondern auch das Machtzentrum dar. Von hier aus werden alle Abläufe in der Fabrik koordiniert und überwacht. Je niedriger der Rang von Angestellten oder Arbeitern ist, desto weiter liegen deren Gebäude vom Direktorenhaus entfernt.

Trotz der weitläufigen, für das 18. Jahrhundert sehr modernen Anlage sind die Lebenssbedingungen in der neuen Saline alles andere als ein Zuckerschlecken. Aus künstlerischen Gründen verzichtet Ledoux in den Wohngebäuden der Arbeiter auf große Fenster und Belüftungsanlagen.

In den Salzsiedereien gibt es aus den gleichen Gründen keine Schornsteine, was häufig zu tödlichen Atemwegserkrankungen unter den Arbeitern führt. Zudem darf niemand ohne die Erlaubnis des Direktors der Saline den Komplex verlassen.

Heute ist die Saline Unesco-Weltkulturerbe | Bildquelle: Mauritius

Utopische Pläne

Ledoux verfolgt noch weitaus ehrgeizigere Pläne als nur den Bau einer Saline in Arc-et-Senans. Eine ganze Stadt mit Verwaltungs- und Wohngebäuden, Gemeinschaftszentren und einem Friedhof soll streng geometrisch um den Komplex der Salzfabrik entstehen.

Doch Ledoux kann die Vorstellungen seiner Idealstadt nicht realisieren, die Französische Revolution 1789 macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Als Architekt der Aristokratie muss er mit Repressalien rechnen. Nach einem Jahr Haft wird er ab 1793 von Gönnern finanziert. Er wird bis zu seinem Tod nie wieder als Architekt arbeiten.

Die Saline von Arc-et-Senans ist trotz schlechter Rentabilität bis 1895 in Betrieb. Anschließend wird sie als Gestüt, landwirtschaftliches Lager, Kaserne und Internierungslager während des Zweiten Weltkriegs genutzt.

Nach dem Ende des Krieges saniert der französische Staat die Anlage und lässt zerstörte Gebäudeteile rekonstruieren. 1982 nimmt die Unesco die gesamte Anlage in die Weltkulturerbe-Liste auf. Heute beherbergt die Saline zwei Museen, ein Veranstaltungszentrum und eine einfache Herberge.

(Erstveröffentlichung: 2002. Letzte Aktualisierung: 18.08.2020)