Die frühere Biathletin Verena Bentele ist blind und seit 2018 Präsidentin des Sozialverbandes VdK

Behinderungen

Blind

Wer weniger als zwei Prozent von dem sehen kann, was ein Mensch mit normalem Sehvermögen erkennt, der gilt als blind. Einige blinde Menschen können dabei hell und dunkel unterscheiden, manche sehen nur einen kleinen Ausschnitt.

Von Wolfgang Neumann-Bechstein

Blinde Personen nicht behindern

In Deutschland gibt es laut Schätzungen etwa 150.000 blinde Menschen. Und sie möchten vor allem eines: von den Sehenden nicht behindert werden. Doch noch immer ist die Auffassung verbreitet, dass sehbehinderte Menschen sich in ihrer Umgebung nur schwer zurecht finden und immer auf Hilfe angewiesen sind.

Sehbeeinträchtigte Personen können jedoch mehr, als Sehende ahnen. Daraus entstehen viele Missverständnisse. Fast jeder blinde Mensch kennt die Situation, in der ihn ein hilfsbereiter Mitbürger an den Arm nimmt und über die Straße geleitet – eine Straße, die er gar nicht überqueren wollte! Das gut Gemeinte schlägt oft ins Gegenteil um.

Also die sehbehinderte Person an der Haltestelle doch lieber ignorieren? Nein. Besser ist es, blinde Menschen bei ihren Orientierungsversuchen zu beobachten und auf deren Anfrage zu reagieren. Denn im richtigen Moment Unterstützung fordern, das haben Blinde gelernt. Dann ist Hilfsbereitschaft gefragt.

Der Schweizer Stephan Huesler überquert mit Blindenstock eine Straße

Wer Unterstützung benötigt, wird Bescheid geben

Was Sehende nicht sehen können

Wie sich eine blinde Person orientieren kann, hängt auch vom Zeitpunkt ihrer Erblindung ab. Wer wenig oder nichts sieht, muss zur Orientierung andere Sinne schärfen – vor allem das Hören und das Fühlen.

Allerdings: Mit höherem Alter wird es schwerer, neue Fähigkeiten zu entwickeln. Deshalb fällt es Menschen schwerer, sich mit Hör- und Tastsinn zu orientieren, wenn sie erst spät in ihrem Leben erblinden. Menschen, die schon seit Geburt oder Kindheit blind sind, lernen diese Fähigkeiten logischerweise früher. So kann ein alter Mensch ohne Sehvermögen hilflos sein, während ein seit Geburt blinder Mensch den täglichen Weg zur Arbeit ohne fremde Hilfe findet.

Sehbeeinträchtigte Personen nehmen ihre Umgebung anders wahr als Sehende. Geräusche, die dem Sehenden als lästiger Lärm erscheinen, geben dem sehbehinderten Menschen Hinweise darauf, wo er sich gerade befindet. Die Unebenheiten eines Weges, über die der Sehende vielleicht zu stolpern droht, können der blinden Person wichtiger Anhaltspunkt zur Orientierung sein.

Symbolbild: Blinder mit Stock.

Der so genannte Langstock hilft bei der Orientierung

(Erstveröffentlichung 2002. Letzte Aktualisierung 01.08.2024)

Quelle: SWR

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