Die Spuren der Weltkriege
Eine nahezu perfekte Pyramidenform zeigte sich in der Statistik zur Kaiserzeit 1910. Durch bessere Ernährung und Hygiene war seit Mitte des 19. Jahrhunderts die Lebenserwartung in Deutschland deutlich gestiegen. Auch die Kindersterblichkeit hatte abgenommen, während die Geburtenrate ebenfalls angestiegen war.
Zu dieser Zeit lag ein natürliches Wachstum der deutschen Bevölkerung vor, von dem dann gesprochen wird, wenn die Zahl der Geburten die Zahl der Sterbefälle übertrifft. Im Jahr 1910 lag der Geburtenüberschuss in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamtes je tausend Einwohner bei 14 Prozent.
Neben dem Geburtenniveau bestimmen die Lebenserwartung und das Verhältnis von Zu- und Abwanderungen die demografische Struktur einer Bevölkerung. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts haben die Geburten- und Sterbezahlen in Deutschland abgenommen. Der Geburtenüberschuss ist kontinuierlich kleiner geworden. Deutliche Spuren hinterließen die beiden Weltkriege: Millionen vor allem junger Männer starben, die Geburtenraten sanken.
1950 betrug die durchschnittliche Lebenserwartung neugeborener Kinder in Deutschland 64,6 Jahre für Jungen und 68,5 Jahre für Mädchen. In der Alterspyramide waren noch doppelt so viele Menschen unter 20 Jahre wie über 59 Jahre. Dieses Verhältnis verschob sich in den folgenden Jahrzehnten nicht nur in Deutschland, sondern in nahezu allen Industriestaaten zugunsten einer Bevölkerungsstruktur, bei der die Zahl der jungen Menschen weiter sinkt und die der alten Menschen steigt.
1972: Ende des natürlichen Bevölkerungswachstums
Seit 1972 hat das natürliche Bevölkerungswachstum in Deutschland ein Ende erreicht und die Zahl der Sterbenden liegt über der Zahl der Geburten. Inzwischen ist der Jugendsockel endgültig verschwunden. Die Pyramide ist auf dem Weg, sich umzudrehen.
In der Alterspyramide ist deutlich zu sehen, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg in den wirtschaftlichen Aufschwungzeiten der 1960er-Jahre kurzzeitig zu einem Babyboom kam. Damals bekam jede Frau in Westdeutschland noch durchschnittlich 2,5 Kinder.
Danach folgte jedoch ein rasanter Einbruch der Geburtenzahlen, der sogenannte "Pillenknick". Verbesserte Verhütung, aber auch die veränderte Rolle der Frau in der Gesellschaft und die gestiegenen individuellen Lebensansprüche ließen den Geburtenüberschuss von 5,3 Prozent im Jahr 1960 auf 0,9 Prozent im Jahr 1970 sinken.
Optimal ist die Altersstruktur einer Bevölkerung nach Angaben von Demographen, wenn keine Altersklasse überrepräsentiert ist und viele Menschen im arbeitsfähigen Alter sind. Statt einer Pyramidenform hätte das Altersdiagramm dann eine Glockenform.
Stattdessen zeichnet sich zunehmend die Entwicklung zu einer Gesellschaft der Alten ab: War 1950 nur jeder siebte Deutsche 60 Jahre und älter (14,6 Prozent), waren es 2001 schon knapp ein Viertel der Bevölkerung (23 Prozent).
2050: Länger leben, weniger Geburten
Im Jahr 2050 wird jeder dritte Deutsche älter als 60 Jahre sein. Umgekehrt wird der Anteil der jungen Menschen weiter abnehmen. Heute sind gut ein Fünftel der Deutschen jünger als 20 Jahre, 1950 waren es etwa 30 Prozent. Für 2050 prognostiziert das Statistische Bundesamt einen Anteil von nur noch 16,3 Prozent.
Der Altersaufbau wird sich dann innerhalb von hundert Jahren umgekehrt haben: 2050 wird es mehr als doppelt so viele ältere wie junge Menschen geben, während 1950 noch doppelt so viele Menschen unter 20 Jahre wie über 60 Jahre waren.
Für die Prognose sind die Statistiker von mehreren Annahmen ausgegangen: Die Geburtenhäufigkeit bleibt gleich bleibend niedrig bei 1,4 Kindern. Um die Bevölkerungszahl langfristig zu erhalten, müsste jede Frau jedoch durchschnittlich 2,1 Kinder bekommen. Die Einwohnerzahl – die im Jahr 2019 bei etwa 83 Millionen lag – wird dadurch bis 2050 auf rund 70 Millionen zurückgehen.
Eine weitere Annahme ist, dass die Lebenserwartung weiter ansteigen wird. Sie lag im Jahr 2018 bei 78,6 Jahren für Jungen beziehungsweise bei 83,4 Jahren für neu geborene Mädchen. 2050 wird sie voraussichtlich um mehrere Jahre angestiegen sein.
(Erstveröffentlichung: 2016. Letzte Aktualisierung: 26.10.2020)