1884 hatte sich Carl Peters aus Deutschland eigenmächtig nach Afrika aufgemacht, um sich dort in fragwürdigen Verhandlungen Ländereien in der Nähe des Kilimandscharo anzueignen.
Wenig später stellte Reichskanzler Otto von Bismarck diese Gebiete, die inzwischen "Deutsch-Ostafrika" genannt wurden, unter deutschen Schutz. Bismarck berief Peters zu ihrem Reichskommissar – eine Position, die der brutale Machtmensch gewissenlos ausnutzte.
Zum Politikum geriet schließlich die Affäre um sein schwarzes Dienstmädchen Jagodia, der er wohl auch sexuelle Gewalt antat. Als sie sich Peters' Diener zuwandte, ließ er ihre Heimatdörfer zerstören und beide erhängen – deshalb "Hänge-Peters".
Die deutschen Kolonialherren gingen in Deutsch-Ostafrika äußerst brutal vor
Die einheimische Bevölkerung reagierte mit einem Aufstand. 1892 wurde Peters aus Deutsch-Ostafrika abberufen. 1896 schließlich griff der Politiker August Bebel von der SPD die Vorgänge in einer berühmt gewordenen Rede vor dem Reichstag wieder auf.
Bebel wählte dabei eine geschickte Strategie: Er zitierte genüsslich aus Peters eigenen Heldenschilderungen, in denen er einige seiner Entgleisungen minutiös ausgemalt hatte. Deren brisante Mischung aus Gewalt, Erotik und kolonialen Machtphantasien machte "Hänge-Peters" zum Stadtgespräch – und stellte damit letztlich den Kolonialismus insgesamt in Frage.
"Wenn Ihre Kolonialpolitik solche Folgen gebiert", wandte sich Bebel damals im Reichstag an die Regierung, "dann haben Sie alle Ursache, so rasch als möglich dem ganzen Afrika den Rücken zu kehren und Ihre Zivilisations- und Kulturarbeit hier in Deutschland zu vollenden."
Das geschah zwar nicht, aber immerhin wurde Peters ein Jahr später unehrenhaft aus dem Reichsdienst entlassen. Adolf Hitler hob dieses Urteil allerdings 1937 wieder auf. Denn während des Nationalsozialismus wurde Peters als Prototyp des deutschen "Herrenmenschen" gefeiert – unter anderem in einem Kinofilm mit Hans Albers.
(Erstveröffentlichung 2007. Letzte Aktualisierung 08.04.2020)
Quelle: WDR